Besonderheit in Lage, Anbau und Verarbeitung
Dieser Tie Guan Yin stammt aus der Ursprungsregion dieses renommierten Oolongs in Anxi. Heutzutage ist dies keine Selbstverständlichkeit mehr, da es zahlreiche Nachahmungen aus dem nahen Umland gibt und auch Oolongs aus Taiwan, die auf ähnliche Weise hergestellt werden, manchmal diesen Namen tragen.
Es existieren verschiedene Mythen, die sich um den Beginn des Anbaus dieses Tees ranken. Er ist nach der Göttin der Barmherzigkeit benannt. Einer weit verbreiteten Erzählung zufolge erschien die Göttin einem armen Bauern im Traum und wies ihn auf einen Teebaum der Sorte Tie Guan Yin hin, den er dann zur Gründung einer Teefarm nutzen konnte. Echte Tie Guan Yin zeichnen sich durch ein beeindruckendes florales Aromenspektrum aus, das sich mit jedem Aufguss verändert. Dieses einzigartige Aromenspiel ist dem speziellen Terroir und dem Klima in den Hügeln der Region Anxi zu verdanken. Die Höhenlagen bieten eine optimale Drainage, während die Nähe zum Meer und das subtropische, feuchte Klima in Süd-Fujian hervorragende Wachstumsbedingungen schaffen. Der Schlüssel zum charakteristischen Profil dieses Tees sind jedoch die roten, fruchtbaren Böden der Region. Neben einem hohen Nährstoffgehalt sind sie leicht sauer, was den Teepflanzen besonders zugutekommt.
Die Erfolgsgeschichte dieses Tees beginnt mit der Einführung von Oolong-Herstellungsmethoden aus Wuyi während der Qing-Dynastie. Die lokalen Teecultivare, die heute denselben Namen wie der Tee selbst tragen, "Tie Guan Yin", erwiesen sich als ideal für diese Herstellungsweise. In der Anxi-Region etablierte sich die Praxis, die Tees nicht so stark zu rösten wie die Oolongs in Wuyi, wodurch ganz neue Geschmacksrichtungen entdeckt wurden. Diese ursprünglichen, mild gerösteten und karamellig-süßen Tie Guan Yin werden heute als "traditionelle" Tie Guan Yin, bezeichnet. Ende der 1990er Jahre beeinflussten neue Oolong-Herstellungsmethoden aus Taiwan auch die Produktion von Tie Guan Yin, wobei das abschließende Rösten nahezu komplett entfiel. Diese Methode betont die natürlichen, floralen Noten des Tees, ein Geschmacksprofil, das zunehmend an Begeisterung gewann und auch heute noch marktdominierend ist.
Heute lassen sich Tie Guan Yin hinsichtlich ihrer Herstellungsweise allgemein in drei Hauptstile unterteilen:
Qing Xiang (清香) – wenig bis gar keine Röstung und ein grüner, natürlicher, leicht vegetaler Charakter.
Hua Xiang (花香) – besonders floral und frisch, mit nur sehr wenig Röstung.
Nong Xiang (濃香) – verhältnismäßig intensiv gerösteter Tie Guan Yin mit vollmundigem, herzhaft-süßen Charakter.
Die beste Erntezeit für Tie Guan Yin ist allgemein der Frühling im Mai. Dies gilt jedoch nicht für Tie Guan Yin im Nong Xiang-Stil, dessen herzhaftes Röstaroma vom robusteren Geschmacksprofil der Blätter im Herbst profitiert.
Die Ernte unserer Anxi-Tees erfolgt traditionell von Hand, wobei für Oolong typisch die Knospe und die drei ersten Blätter verwendet werden. Für Oolong-Tees lässt man die Teeblätter etwas größer austreiben als für grünen Tee. Nach der Ernte werden die Blätter in der Sonne gewelkt, wodurch ihnen Feuchtigkeit entzogen wird, und die Oxidation setzt leicht ein. Anschließend werden die Blätter aus der Sonne genommen und drinnen weiter gewelkt. Dabei werden sie in großen Trommeln mehrfach hin- und herbewegt, um die Oxidation zu intensivieren. Durch kleine Einrisse an den Blatträndern tritt Zellsaft aus, der mit dem Luftsauerstoff oxidiert. Dieser Vorgang – das Bewegen der Blätter und die anschließende Ruhephase – wiederholt sich drei- bis viermal, bis der richtige Welkgrad erreicht ist. Der verantwortliche Teemeister schläft in der Nacht nur wenig, da er in der Nacht stündlich den Oxidationsprozess der Blätter überwacht. Im Zuge der oxidativen Veränderung nehmen die Blätter zunehmend eine rötlich-braune Farbe an den Einrissstellen an. Zum passenden Zeitpunkt, den der Teemeister bestimmt, wird die Oxidation in einem Ofen durch Hitze gestoppt ("Kill Green"). Anschließend werden die Blätter in einer Rollmaschine aufgebrochen, wodurch sich der aromatische Zellsaft auf den Blättern verteilt und aushärtet. Der Tee erhält nun durch teils manuelles, teils maschinelles Rollen (Ball Cloth Rolling, "Baorou" 包揉) seine charakteristische Halbkugelform. Als letzter Schritt wird der Tee im Ofen getrocknet und erfährt ggf. noch eine weitere Röstung.